Mehr als eine Vision: Gesundes Bauen und nachhaltige Kreislaufwirtschaft

„Wie wird eine gesunde Kreislaufwirtschaft nachhaltig?“ Mit dieser Frage beschäftigte sich das vom Technologie- und Gründerzentrum Niederrhein (TZN) und der Interessenvereinigung Mittelständische Wirtschaft (IMW) ausgerichtete Forum Mittelstand in den Räumen der action medeor in Vorst.

Das Thema des Abends war einer neuen industriellen Revolution gewidmet, vor der die Wirtschaft steht: Es geht die Zeit zu Ende, in der Themen wie Klimawandel, Abfallprobleme und Ressourcenknappheit allein mit Reduktion gelöst wurden.

Es ist längst ein Bewusstsein dafür geschärft worden, dass eine gesunde Kreislaufwirtschaft mit Wertschöpfung der richtige Weg ist, die genannten Probleme bestmöglich zu lösen. Die Verbraucher sind für diese Themen sensibilisiert und werden immer kritischer.

Die neuen Einsichten bieten aber auch viele Chancen für neue Geschäftsmodelle. Nötig ist dafür aber erst einmal ein Überdenken von Design- und Entwicklungsprozessen bei Produkten und Gebäuden. Gastgeber Bernd Pastors von der „action medeor“ konnte eine große Zahl von Unternehmern, Vertretern aus Politik und Verwaltung sowie Interessenverbänden und Organisationen in seinem Haus begrüßen. Im Mittelpunkt des Treffens stand ein Referat des Stadtplaners und Geschäftsführers C2C Expo Lab in Venlo, Michel Weijers. Er zeigte auf, welche Chancen diese New Economy bietet und was das für die Region bedeutet.

Jährlich gelangen laut einer EU-Statistik fast drei Milliarden Tonnen hochwertiger Stoffe in Verbrennungs- und Müllanlagen. Dagegen steht das Konzept „Cradle to cradle“, wörtlich übersetzt „Von der Wiege zur Wiege“. Dieses Konzept strebt eine abfallfreie Wirtschaft an, bei der alle verwendeten Materialien dauerhaft als Nährstoffe dienen können und Firmen keinerlei umwelt- oder gar gesundheitsschädliche Stoffe mehr verwenden. Weijers zeigte am Beispiel des neuen Stadthauses in Venlo auf, dass dies keine Vision bleiben muss, sondern in der Realität umgesetzt werden kann.

Ausgehend von der Vorstellung, Umweltsünden nicht weiter nur zu vermindern, sondern ganz und gar zu verhindern, hat man in der limburgischen Metropole ein Rathaus realisiert, bei dem eine optimale Luftqualität im Mittelpunkt steht, eine Klimatisierung ohne Klimaanlage geschaffen und erneuerbare Energien eingesetzt wurden. Es wurden nur Materialien verwendet, die ohne Giftstoffe auskommen. Venlo gilt inzwischen als „c2c-Hauptstadt“. Städte wie Amsterdam und München interessieren sich für dieses Modell, 40.000 Besucher haben sich die revolutionäre Bauweise angesehen. Das Rathaus habe ein neues Bewusstsein bei den Bürgern geschaffen, der Stadt ein besseres Image beschert und für neue Jobs gesorgt.

Dazu passte der Podiumsauftritt von Martin Schüten von der DGM Architekten Partnergesellschaft, die unter anderem das neue Kreisarchiv plant und dabei auch die neuen Denkansätze beachtet. Der Kreis Viersen geht da ganz neue Wege, wie auch Heinz-Willi Stefes von der WFG (Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen) betonte. Leider denkt man auf der deutschen Seite noch zu einseitig nur energieeffizient, dennoch sei es mit der deutschen Baugesetzgebung durchaus vereinbar, der cradle-to cradle-Philosophie zu folgen.

Tönisvorsts Bürgermeister Thomas Goßen und sein Wirtschaftsförderer Markus Hergett, die gemeinsam mit dem Stadtverordneten Maik Giesen bei diesem Vortragsabend dabei waren, dürften sich vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um einen eventuellen Rathausneubau besonders für die Vorteile des gesunden und innovativen Bauens interessiert haben. Sie erfuhren, dass gesundes Bauen nicht zu astronomischen Kosten führen muss. Das insgesamt 53 Millionen Euro teure und für 900 Mitarbeiter geschaffene Venloer Rathaus wurde am Ende sogar 1,5 Millionen Euro billiger als eingeplant.


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